mare imbrium

Nach einer langen Zugfahrt, durch ein flußumranktes Tal, den Pappeln entlang, unter furchteinflößend hohen Bergen hindurch, die träge grasenden Yaks an den Hängen, die Bauern in ihren traditionellen Kostümen. Durch Schluchten und Abgründe, in vegetationslose Höhen, schließlich ein weites Flachland, die Tiere zunehmend spärlicher; keine Sonne über den Ebenen, kein Sand, keine Salzflächen. Ich schlafe ein, wache auf, Christopher drückt mir ein wenig Tsampa in die Handfläche, Gerste mit Yakbutter vermengt, gegen die Übelkeit, gegen die Höhe. Mir wird schlecht davon, ich trinke einen Schluck Tee, der Abdruck meiner eigenen Spucke an der Tasse erinnert mich für den Rest der Fahrt an diesen Moment.

Weiterlesen „mare imbrium“

#non

lac constance en soleil.

les nuages se font tourner, là-bas, devant la fenêtre, attachés aux cordes qui coupent les ciels bleus, verts, noirs, tous les couleurs entre l’encoffrement de son tête. elle se met en devant du carreau, dans son appartement aux cieux, en ses mains une coupe du thé gris, son jacquard trois calibres trop grand. entre les vitres, les molécules d’air se font penser aux grands airs libres devant, aux gouttes sur la verre, comme des lettres perdues, des mots jaunes sur la rue, la cité imaginaire. qu’est-ce qu’elles sont disposées à dire, raconter, en cet vendredi pluvieux. non, dit-elle, mais non, ceci-là, c’est pas ma vie, mon avenir, ma–

Weiterlesen „#non“

#phantomschmerz

ich werde nicht mehr schreiben.

ich sitze hier und schreibe. der stift fliegt über das digitale papier, vorher habe ich die schublade geöffnet, worte fallen heraus. ich muss aufkehren, staubflusen greifen die zettel mit ihren kleinen ärmchen, beginnen zu lesen, tauschen worte gegen kekskrümel, erzählen ihren wollmäusen davon. in den baumkronen vögel, sie zwitschern ein digitales rauschen. nullen und einsen hängen an den ästen, ich nehme eine eins, sie passt in das geheimnissvolle schloss an der wand. eine geheimtür öffnet sich, und da steht – Weiterlesen „#phantomschmerz“

milch und zeit

Als Milena ins kalte Tageslicht tritt, die Arme noch blutend, aus dem düsteren Bau an der Georg-Bähr-Straße, an diesem Novembermorgen im Jahr 1939. Als Kafka seinen Morgenkaffee verschüttet, in seiner Villa auf den Klippen in Pacific Palisades, Anzug, Krawatte, ob der Zeitungsnotiz. Zitternd zieht er sein Tablet hervor, neuestes Modell, die Presse scheint desinteressiert, nennt keine Details. Thomas Mann schaut prüfend vom Nebentisch herüber, widmet sich wieder seiner Konversation.

Weiterlesen „milch und zeit“

#auflösung

Als Anne vom Regen wach wurde, war der Morgen noch ein fahler Streif am Horizont. Vor der Holzhütte hatte sich das Wasser weit zurückgezogen, vielleicht würde es erst nächste Woche wiederkommen, oder in hundert Jahren. Die Boote träumten ihre radioaktiven Träume auf dem trockenen Grund. Sie fuhr über die Linien seines schlafenden Körpers, sog den Duft ein, betrachtete sein Haar im schalen Zwielicht. Mit einer schläfrigen Bewegung zog er sie auf sich. Küsse im Morgengrauen.

Weiterlesen „#auflösung“