metaphase [II]

die alten texte lesen, die zettel auf dem boden, unser meer | wir bauen ein papierschiff, und–

du stehst im türrahmen. der türrahmen steht in einer vergessenen stadt, ein eigentümliches leuchten umfängt die luft um dich. ich kann nicht fokussieren, deine silhoutte weicht den blicken aus. du tanzt einen schritt auf mich zu, dein kleid umspielt die beine, ein leises elektrisches summen füllt den raum. überhaupt, dieser raum. irgendetwas hat den brechungsindex verschoben, die luft breitet sich in wellen aus, dein kleid durchnässt vom sauerstoff. du trittst näher, ein leiser riss in der zeit, wie zerschnittenes papier. die andeutung eines lächelns, dann verschwindest du hinter der schnittkante.

als sie es bemerkten, war es bereits zu spät. leise, unbemerkt war die überkritische flüssigkeit ausgetreten, irgendwo in reaktorkern 3, hatte sich in der stadt ausgebreitet, benetzte straßenfluchten, türstürze, treppenhäuser. wir hatten uns daran gewöhnt, gegenstände nicht dort aufzufinden, wo wir sie abends abgelegt hatten; überhaupt, zeitangaben hatten ihre verlässlichkeit abgelegt wie einen nicht mehr benötigten wintermantel. die nächtlichen sonnenstrahlen auf unseren körpern, wie du auf mir saßt, in unseren betten, im gleißenden sonnenlicht; deine hand auf meiner schulter, müde entlangfahrend, dein körper aus der zeit gefallen, im schlaf. ich gieße kaffee ein, aber du hast tags darauf den tisch weggeschoben. du stehst vor dem spiegel und siehst mich.

du streckst die hand aus nach mir, ich reiche dir ein buch, und wie die geschichte weiter, aber ein weiter gibt es nicht, nicht hier, nicht jetzt, sagst du, sagte ich, wir verstricken uns in den tagen, ein kokon aus gesponnener zeit. komm, sagst du, und ziehst mich ins blaue.

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referenzen | 1