[ … und so liege ich also in der nacht und schaue aus dem fenster über die straße, über die stadt, wie sie so daliegt, vollgefressen und friedlich und blau, und in meiner nase der duft von febreze wie in schlechten hotels, das fenster offen, weil man es sonst nicht aushält,
das kind hat das festessen einmal quer übers bett gekotzt und dann musste man alles abziehen und jetzt beschlägt eben der atem von innen, egal, und lese chucks von cornelia travnicek, gestern vorfreudig ausgeliehen, und merke, das buch kennst du doch, teile sogar auswendig, es ist so alt wie der gin tonic in meinen kapillaren, fünftes semester, und handelt von der statik in träumen und anderswo, und in deinem kopf spielt der immergleiche soundtrack, nächte auf dem spielplatz, straßenbahn, und du denkst, wäre doch spannend, sich eine kindheit zu rekonstruieren, wo doch nur gepflegte reihenhauslangeweile war, und wartet das leben eigentlich auf einen und wenn ja, wie lange, szenenwechsel, im kopf ein lied, das lied lief schon damals, urlaube, immer derselbe ort, immer dieselbe klare luft, wie von gebirgsbächen, das wasser stürzt von den gletschern hinab bis ins dorf, bis in diese lächerlich zubetonierte einkaufsstaße mit ihren rentnern, es sind jedes jahr dieselben, vielleicht wohnen sie auch hier, vielleicht ist das heim zu teuer und sie sitzen von morgens bis abends über ihrem cappucino und legen sich nachts zum schlafen in das kalte gletscherwasser unter der haupstrasse, und im walkman laufen die neunziger, nick cave singt von der lime tree arbour, es ist das langsamste liebeslied der welt, als hätte er einen unternehmensberater engagiert, der als kernkompetenz eben langsame liebeslieder ausgemacht hätte, und der punk wurde in eine unrentable tochtergesellschaft ausgegliedert, die seither unbeachtet unter pseudonym alben herausbringt, die niemand hört, und überhaupt, er steht noch immer auf der bühne, nach allem, nach den durchzechten nächten, nach der scheißklippe, die sich im leben früher oder später in den weg stellt, und immer die mitnimmt, die abgelenkt und mit anderen dingen beschäftigt waren, er steht immer noch da, aber wie geht es wohl heute, wie geht es allen wohl heute, an diesem tag, an dem jeder an dem ort ist, wo er auf keinen fall hin wollte, wo die sind, die man eigentlich 1998 zurückgelassen hat und die da immer noch sind, in ihren festbetonierten weltentwürfen und dagegen hilft ja auch nichts, also fast nichts, ich muss jetzt in den buchladen, aber der buchladen ist zu, alle buchhändler liegen in ihren betten wach und denken über nick cave nach und die welt im allgemeinen, meinetwegen auch noch beckett oder dieter bohlen, und vielleicht sollte ich endlich parablüh lesen, wie k. beschrieben hat, aber vielleicht bin ich dafür auch einfach zu blöd, wie kann man überhaupt soviel von büchern wissen, wie kann man überhaupt soviel wissen, all die verbrannte zeit, ich will den resetknopf fürs leben und dann gehe ich direkt in die unibibliothek, aber diesmal bleibe ich da und schreibe mich gleich ein und lese dann mittelhochdeutsches und altenglisches und den evakuierungsplan und die mensakarte und verstehe nichts und wieder nichts, wie immer, und dann explodiert irgendwann mein kopf zwischen all den regalen, und sie müssen es aufwischen, alles aufwischen, die regale säubern, die ganzen bücher aus dem regal ziehen und das blut abwischen, die seiten durchblättern, und dabei bleiben sie dann im buch hängen und lesen sich fest und fangen an weiterzulesen und gründen buchclubs, und dann liege ich endlich tot unter der erde, ohne kopf, denn der ist ja explodiert, und freue mich, dass sie wegen mir lesen müssen, dass ich sie animiert habe, endlich was richtig gemacht, und die welt dreht sich weiter, und die gedanken fressen sich durch die nacht. ]
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